Darlehen mit einem Festzins kamen Bankkunden in Deutschland teuer zu stehen. Der Grund: Die Kreditnehmer glaubten, sich mit dieser Variante gegen steigende Zinsen und Kosten abzusichern. Der gewünschte Schutz vor der volatilen Marktentwicklung kostete allerdings unter dem Strich um bis zu 69 Prozent mehr als die alternative variabel verzinsliche Variante. In der Praxis ist das vor allem bei der Immobilienfinanzierung brisant. Erfahrungsgemäß sind hier die Finanzierungssummen am größten und die Laufzeiten am längsten. Das zeigt eine von der Kapitalschutzvereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. beauftragte Finanzanalyse, die von Financial Advices GmbH aus Göttingen durchgeführt wurde.
„Unser Darlehensvergleich der vergangenen 25 Jahre zeigt, dass Kreditnehmer mit der Festzinsvereinbarung beträchtliche höhere Kosten hatten, als wenn deren Zinssatz variabel an die aktuelle Marktentwicklung (Euribor) gebunden gewesen wäre“, sagt Helmut-Joachim König von der Kapitalschutzvereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. „Die Zinsvereinbarung ist neben Tilgungsform und Laufzeit einer der wesentlichen Kostenfaktoren. Daher machte die Entscheidung der meisten Käufer, ihre Immobilie per Festzins zu finanzieren, wirtschaftlich nur selten Sinn.“
Die bei fixiertem Zinssatz zwischen 1991 und 2016 entstandenen Mehrkosten sind beträchtlich: Sie belaufen sich für ein Festzinsdarlehen mit 15-jähriger Zinsbindung in der Spitze auf rund 69 Prozent der finanzierten Summe. Bei den auf 10 Jahre festgeschriebenen Darlehen beträgt der Mehraufwand an Zinskosten bis zu 44 Prozent. Lediglich die 5-jährige Zinsbindung ermöglichte in fünf Fällen, dass Kunden damit minimal besser abschnitten: Im Vergleich zur variablen Verzinsung liegt der Vorteil bei maximal 1,25 Prozent des finanzierten Betrages.
„Darlehen mit variablem Zins führen hierzulande noch ein Schattendasein — Banken raten höchstens für die Zwischenfinanzierung zu dieser Alternative. Das sollte so nicht sein“, sagt Helmut-Joachim König. Denn die variable Verzinsung hat sich im Vergleich zum Festzins als das günstigere Angebot erwiesen. Wer in Deutschland beispielsweise eine Immobilie finanzieren will, sollte aus sämtlichen verfügbaren Varianten auswählen können. Damit gehört die flexible Darlehensverzinsung als faires Angebot in das Standard-Repertoire von Bankberatern, zumal der Darlehensnehmer je nach Marktentwicklung vom variabel verzinslichen Darlehen in ein Festzinsdarlehen wechseln oder aber Zinssicherungsgeschäfte abschließen kann.“
Für weiterführende Informationen wenden Sie sich bitte an die Kapitalschutzvereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. unter www.ksv-mittelstand.de.
Wieder mal hat der Bundesgerichtshof am 19. Januar 2016 zugunsten von Verbrauchern entschieden. Hierbei ging es um die Klärung der Frage, ob der Darlehensnehmer nach Kündigung eines Darlehensvertrages seitens der Bank aufgrund von Zahlungsverzug verpflichtet ist, neben der offenen Darlehensvaluta auch eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen. Die Pressestelle des Bundesgerichtshofs fasst das Urteil wie folgt zusammen:
„Bundesgerichtshof entscheidet über Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Kündigung eines Verbraucherdarlehens infolge Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers
Urteil vom 19. Januar 2016 — XI ZR 103/15
Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass § 497 Abs. 1 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung) eine spezielle Regelung zur Schadensberechnung bei notleidenden Krediten enthält, die vom Darlehensgeber infolge Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers vorzeitig gekündigt worden sind. Die Vorschrift schließt die Geltendmachung einer als Ersatz des Erfüllungsinteresses verlangten Vorfälligkeitsentschädigung aus.
Die beklagte Kreissparkasse gewährte zwei nicht am Rechtsstreit beteiligten natürlichen Personen im Jahr 2004 jeweils ein zum 30. November 2016 fälliges Verbraucherdarlehen, für deren Rückzahlung unter anderem eine Grundschuld an einem Grundstück als Sicherheit diente, das im Eigentum einer aus den Darlehensnehmern und dem Kläger bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts stand. Im Jahr 2010 und 2011 kündigte die Beklagte die beiden Darlehen vorzeitig wegen Zahlungsverzugs der Darlehensnehmer, stellte die noch offene Darlehensvaluta fällig und begehrte ferner die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 76.602,94 € und 9.881,85 €. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück zahlte der Kläger an die beklagte Kreissparkasse — ohne Anweisung der Darlehensnehmer — die verlangte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe des noch offenen Betrags von insgesamt 24.569,18 €, wobei er sich deren Überprüfung dem Grunde und der Höhe nach vorbehielt.
Die unter anderem auf Rückzahlung dieses Betrags nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg.
Der XI. Zivilsenat hat auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung der begehrten 24.569,18 € nebst Zinsen verurteilt. Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen maßgeblich:
Die in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene Frage, ob der Darlehensgeber im Falle der außerordentlichen Kündigung eines Verbraucherdarlehensvertrags infolge Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers anstelle des Verzögerungsschadens eine Vorfälligkeitsentschädigung als Ersatz seines Nichterfüllungsschadens verlangen kann, wird vom Wortlaut des § 497 Abs. 1 BGB in der hier maßgeblichen bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung* nicht eindeutig beantwortet. Nach dieser Vorschrift hat der Darlehensnehmer, der mit seiner Zahlungsverpflichtung in Verzug kommt, den geschuldeten Betrag mit dem dort festgelegten Verzugszinssatz zu verzinsen. Ob damit zugleich eine Sperrwirkung in dem Sinne verbunden ist, dass eine andere Form des Schadensersatzes nicht geltend gemacht werden kann, lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift selbst nicht entnehmen. Dafür sprechen indes die Gesetzgebungsgeschichte und der Sinn und Zweck dieser Vorschrift.
Nach der Gesetzesbegründung sollte “der Verzugszins nach Schadensersatzgesichtspunkten zu ermitteln und ein Rückgriff auf den Vertragszins grundsätzlich ausgeschlossen” sein (BT-Drucks. 11/5462, S. 26 zur Vorgängernorm des § 11 VerbrKrG). Der Gesetzgeber wollte damit die Schadensberechnungsmöglichkeiten einer einfachen und praktikablen Neuregelung zuführen. Zugleich sollte mit der Festlegung der Höhe des Verzugszinses auch dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben werden, die Höhe der Mehraufwendungen im Verzugsfall selbst zu berechnen. Dieses Ziel der (Prozess-)Vereinfachung würde indes nicht erreicht, wenn der Darlehensgeber anstelle der einfachen Verzugszinsberechnung auf die im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung bestehenden Zahlungsrückstände eine Vorfälligkeitsentschädigung beanspruchen könnte. Vor allem aber würde bei Zubilligung einer Vorfälligkeitsentschädigung, die im Ausgangspunkt auf dem Vertragszins beruht, das vornehmliche Ziel des Gesetzgebers, einen Rückgriff auf den Vertragszins für die Schadensberechnung nach Wirksamwerden der Kündigung grundsätzlich auszuschließen, verfehlt.
Soweit damit — was bereits gegen die Vorgängerregelung eingewendet worden ist — für den Bereich des Verbraucherdarlehensgeschäfts eine Besserstellung des vertragsbrüchigen gegenüber dem vertragstreuen Schuldner verbunden sein sollte, hat der Gesetzgeber dies bewusst in Kauf genommen, indem er bei Überführung des § 11 VerbrKrG in das Bürgerliche Gesetzbuch durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zu einer Änderung der Rechtslage keinen Anlass gesehen hat, sondern ganz im Gegenteil den Anwendungsbereich des § 497 Abs. 1 BGB sogar noch auf Immobiliardarlehensverträge ausgedehnt hat.
Vorinstanzen:
LG Stuttgart — Urteil vom 12. August 2014 — 21 O 830/13
OLG Stuttgart — Urteil vom 11. Februar 2015 — 9 U 153/14
Karlsruhe, den 19. Januar 2016
* § 497 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung
(1) Soweit der Darlehensnehmer mit Zahlungen, die er auf Grund des Verbraucherdarlehensvertrags schuldet, in Verzug kommt, hat er den geschuldeten Betrag nach § 288 Abs. 1 zu verzinsen; dies gilt nicht für Immobiliardarlehensverträge. Bei diesen Verträgen beträgt der Verzugszinssatz für das Jahr zweieinhalb Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Im Einzelfall kann der Darlehensgeber einen höheren oder der Darlehensnehmer einen niedrigeren Schaden nachweisen.”
Bei Darlehensverträgen mit variablen Zinssätzen (auch ZinsCap-Darlehen) haben Kreditinstitute in der Vergangenheit zahlreiche Fehler gemacht. Für Darlehensnehmer ergeben sich so gute Möglichkeiten, zu viel geleistete Zinsen und Gebühren zurückzuerhalten.
Im Rahmen der Erhebung von Zinsbegrenzungsgebühren verschaffen sich Kreditinstitute häufig einen (rechtswidrigen) wirtschaftlichen Vorteil. Die Parteien vereinbaren, in der Regel auf Initiative der Bank hin, einen Zinskorridor, mit dem die Schwankungsbreite der variablen Zinsen für einen festgelegten Zeitraum durch Angabe eines Mindest- und Höchstzinses beschränkt wird (sog. „Cap-Darlehen“).
Dies bietet dem Kunden den Vorteil, dass er sich gegen Erhöhungen des Kapitalmarktzinses über den vereinbarten Höchstzins hinaus absichert. Diesen Vorteil lässt sich die Bank über die Erhebung einer Zinsbegrenzungsgebühr bezahlen. Verpflichtet sich der Kunde, einen Mindestzins zu zahlen, wird er über den wirtschaftlichen Wert dieser Leistung häufig nicht aufgeklärt und geht Verpflichtungen ein, ohne über die nicht unbeachtlichen Risiken aufgeklärt worden zu sein und ohne eine leistungsgerechte Vergütung zu erhalten.
Nach Ansicht einiger Kreditsachverständiger war es in der Vergangenheit zum Zeitpunkt der Zinsbegrenzungsvereinbarung häufig sehr viel wahrscheinlicher, dass der Kapitalmarktzins unter die Grenze des Mindestzinses fallen würde, als dass er den Höchstzins überschritt. Über diese Prognose klärten die Banken aber meist nicht auf, so dass diese zum einen die ZinsCap-Gebühr und zum anderen die Differenz zwischen Mindestzins und tatsächlichem Marktzins vereinnahmten, ohne die Garantieleistung des Kunden marktgerecht zu bezahlen.
Der Sinn und Zweck der ZinsCap-Prämie entfällt aber, wenn die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes wegen des Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften unwirksam ist. In einem solchen Fall (z. B. Verbraucherimmobiliendarlehen) besteht keine Veranlassung, der Bank wegen der ungenauen und damit unwirksamen Zinsanpassungsklausel eine Zinssicherungsgebühr zukommen zu lassen, so dass die ZinsCap-Prämie ebenfalls von der Bank zurückgefordert werden kann.1
Solche Rückforderungsansprüche ergeben sich auch aus der Ausgestaltung von Praxis- und Immobiliendarlehen der apoBank, die im Bereich ihrer Zielgruppe über einen Marktanteil von 60% verfügt und deshalb hier besondere Erwähnung findet.
In ihren Darlehensverträgen (sog. „apoZinscapDarlehen“) gibt die apoBank bis in die jüngste Vergangenheit die Höchst- und Mindestgrenze des Zinses und die sofortige Fälligkeit der Zinssicherungsgebühr (meist 5 %) in zwei knappen Sätzen als Appendix zum Erstberechnungszins an. Es fehlen jedoch Bestimmungen, auf welchen Bezugsbetrag sich die Zinssicherungsleistungen des Zins-Collars (also Zinsbegrenzung nach oben und unten) während der Laufzeit der Vereinbarung beziehen, welche Möglichkeiten der Beendigung des Sicherungsgeschäfts bestehen und welche Folgen in diesem Fall eintreten.
Darüber hinaus fehlen notwendige Angaben
- zum Marktwert (Optionspreis) des Sicherungsgeschäfts,
- zu dem den Kunden belastenden negativen Marktwert (der sich daraus ergibt, dass der Leistung der Bank die Gegenleistung des Kunden in Form der zu zahlenden CAP–Gebühr gegenüber steht, während die i.d.R. werthaltigere Kundenleistung von der Bank nicht vergütet wird) sowie
- zu den Belehrungspflichten nach § 31 Abs. 3 WpHG.3
Die etwaige Verjährung von Rückerstattungsansprüchen ist am Einzelfall zu prüfen. Doch selbst im Falle der drohenden Verjährung der Ansprüche besteht die Möglichkeit — sofern die Vertragsbeziehung noch fortbesteht — gegen Ansprüche der Bank aufzurechnen.
Welche Ansprüche bei unwirksamen Zinsanpassungsklauseln entstehen können, zeigt das Schaubild. Dem Beispiel liegt ein Verbraucherimmobiliendarlehen über EUR 165.000 € zugrunde, das variabel verzinst wurde. Mit der Bank wurde ein Erstberechnungszins von 4,95 %, ein Mindestzins von 3,5 % und ein Höchstzins von 5,2 % vereinbart. Zudem wurde mit Abschluss des Vertrages eine Cap-Gebühr in Höhe von 5 % der Darlehenssumme fällig. Für das im Jahr 2002 vereinbarte Darlehen berechnete die Bank EUR 79.379,19. Die Kreditsachverständige, Financial Advices GmbH, Göttingen, ermittelte jedoch nur eine berechtigte Zinslast in Höhe von EUR 40.162,71. Die Bank hatte also – ohne dass das der Kunde hätte erkenne können – ihre Bankmarge zulasten des Kunden verändert und damit Zinsen berechnet und eingezogen, die den Kunden zu Unrecht belasteten. Die Kreditsachverständige ermittelte den Schaden und konnte für den Klienten bei der Bank eine einvernehmliche Regelung aushandeln. Diese umfasste auch die Erstattung der gezahlten Cap-Gebühr in Höhe von EUR 8.250.
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1 LG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.2014 – 22 O 208/12 „Der Sinn und Zweck der Zinscap-Prämie entfällt aber, wenn die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes wegen des Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften unwirksam ist. In einem solchen Fall besteht keine Veranlassung, der Beklagten wegen eines günstigen variablen Zinssatzes eine Zinssicherungsgebühr zukommen zu lassen, so dass die Zinscap-Prämie gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB zurückverlangt werden kann“
2 LG Stuttgart, Urteil vom 24.08.2011 – 8 O 561/10 „Ein Optionsvermittler ist verpflichtet, dem Käufer den Optionspreis zu nennen und ihn auch auf seine Bedeutung und die wirtschaftlichen Zusammenhänge hinzuweisen.“
3 „Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind verpflichtet, Kunden rechtzeitig und in verständlicher Form Informationen zur Verfügung zu stellen, die angemessen sind, damit die Kunden nach vernünftigem Ermessen die Art und die Risiken der ihnen angebotenen oder von ihnen nachgefragten Arten von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen verstehen und auf dieser Grundlage ihre Anlageentscheidungen treffen können. Die Informationen können auch in standardisierter Form zur Verfügung gestellt werden. Die Informationen müssen sich beziehen auf
- das Wertpapierdienstleistungsunternehmen und seine Dienstleistungen,
- die Arten von Finanzinstrumenten und vorgeschlagene Anlagestrategien einschließlich damit verbundener Risiken,
- Ausführungsplätze und
- Kosten und Nebenkosten.“.
Bei Darlehensverträgen mit variablen Zinssätzen haben Kreditinstitute in der Vergangenheit zahlreiche Fehler gemacht. Für die Darlehensnehmer ergeben sich so gute Möglichkeiten, zu viel geleistete Zinsen, Zinsbegrenzungsprämien und Bearbeitungsentgelte zurückzuerhalten.
„Die Bank wird den Zinssatz den Veränderungen am Geldmarkt unter Berücksichtigung ihrer wechselnden und ihren bei Vertragsabschluss nicht überschaubaren künftigen Refinanzierungsmöglichkeiten anpassen. Bildet der Referenzzins die Schwankungen am Geldmarkt nicht mehr ab, ist die Bank berechtigt, einen geeigneten Referenzzins zu bestimmen.“
Solche und ähnliche Formulierungen finden sich in vielen Bestimmungen variabel verzinslicher Darlehen wieder. Grundsätzlich bestehen hinsichtlich einer Vereinbarung von variablen Zinsen, soweit die Anpassung der Darlehenszinsen an den Geldmarktzins nachvollziehbar und fair geregelt ist, keine Bedenken.
In dem oben genannten Beispiel ist jedoch bereits unklar, auf welchen Markt und welche Refinanzierungsmöglichkeiten abgestellt werden soll. Ebenfalls lässt sich durch eine solche Formulierung nicht erkennen, welche konkreten Bedingungen im Hinblick auf Anpassungshöhe und Zeitpunkt erfüllt sein müssen, um eine „Veränderung“ des Zinssatzes auszulösen.
Aufgrund der getroffenen Formulierung unterliegt der Zinsanpassungsvorgang nicht einem nachvollziehbaren Regelwerk, sodass die Klausel dem Kunden keine Überprüfung von Anpassungsvorgängen ermöglicht und folglich intransparent ist. Sie widerspricht damit dem Grundsatzurteil des BGH vom 21. April 2009 nach dem die Zinsanpassungsklausel eine Bindung der Bank an den Umfang des Kostenanstiegs vorzusehen hat und eine Verpflichtung enthalten muss, Kostenminderungen an den Kunden weiterzugeben, ohne dass der Bank ein Entscheidungsspielraum (Ermessen) zukommt. Diese Vorgabe entspricht dem Gebot, die bei Vertragsabschluss kalkulierte (relative) Bankmarge während der Vertragsdauer beizubehalten.
Die derart gestalteten Klauseln wurden von den Banken in einer Vielzahl von Fällen dazu genutzt, Senkungen des Kapitalmarktzinses verspätet, in abgeschwächtem Umfang oder überhaupt nicht an den Kunden weiterzugeben; Erhöhungen jedoch vorzeitig und in zu starkem Umfang. Den betroffenen Kunden wurden so über Jahre hinweg zu hohe Zinsen in Rechnung gestellt, ohne dass der Kunde die Margenerweiterung hätte erkennen können.
Die sich daraus ergebenen Rechtsfolgen sind weitestgehend geklärt und vom Einzelfall und der jeweiligen Art des gewährten Darlehens abhängig. Bei Verbraucherdarlehen gibt es eine gefestigte Instanzenrechtsprechung, die durch ergänzende Vertragsauslegung einen neuen Zinsmechanismus definiert: Zinssenkungen und -erhöhungen des Kapitalmarktzinses sind 1 zu 1 weiterzugeben, wobei Zinserhöhungen maximal auf den anfänglichen Vertragszins beschränkt sind. Von einigen Landgerichten wurde dies auch bereits für gewerbliche Darlehen bestätigt (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 19. September 20131. Die unwirksame Zinsanpassungsklausel hat also zur Folge, dass die Bank die Zinsen nicht erhöhen darf und infolgedessen auch die Zinsbegrenzungsgebühr dem Darlehensnehmer zu erstatten hat, da die Zinsbegrenzung bereits die gesetzliche Folge einer unwirksamen Zinsanpassungsklausel ist2.
Welche Ansprüche bei unwirksamen Zinsanpassungsklauseln entstehen können, zeigt das nachstehende Schaubild. Dem Beispiel liegt ein Verbraucherimmobiliendarlehen über EUR 165.000 € zugrunde, das variabel verzinst wurde. Mit der Bank wurde ein Erstberechnungszins von 4,95 %, ein Mindestzins von 3,5 % und ein Höchstzins von 5,2 % vereinbart. Für das im Jahr 2002 vereinbarte Darlehen berechnete die Bank EUR 79.379,19. Die Kreditsachverständige, Financial Advices GmbH, Göttingen, ermittelte jedoch nur eine berechtigte Zinslast in Höhe von EUR 40.162,71. Die Bank hatte also – ohne dass das der Kunde hätte erkenne können – ihre Bankmarge zulasten des Kunden verändert und damit Zinsen berechnet und eingezogen, die den Kunden zu Unrecht belasteten. Die Kreditsachverständige ermittelte den Schaden und konnte für den Klienten bei der Bank eine einvernehmliche Regelung aushandeln.
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1 Az. 6 O 1/13
2 § 494 Abs. 4 Satz 2 BGB; vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 7. November 2014 – 22 O 208/12